T54

Kapitel 5.4.

  • Fehler macht Jeder


Neugierig ist Balu S. immer noch sehr. Neulich konnte ich beobachten, wie er eine Fliege entdeckte, die plötzlich am Fenster krabbelte.

Ich weiß auch nicht, woher im tiefsten Winter diese Fliege kommt! Aber sie war da.

Balu verfolgte sie genau mit den Augen, und wenn sie sich an der Scheibe hinsetzte, versuchte er, sie mit der Nase anzustupsen. Einmal hat er sie dabei fast plattgedrückt!

Sie wurde taumelig und flog davon.

Da war das schöne Spiel leider zu Ende.

Noch etwas will ich berichten.

Auch ich bin nur ein Mensch, wie Sie alle, und auch ich bin  nicht jeden Tag gleich gut drauf. So gibt es Tage, wo man gereizter und nicht so geduldig ist. Normalerweise vermeide ich es, an diesen Tagen, etwas mit den Tieren zu tun. Doch manchmal geht es nicht anders, und so kann es passieren, dass etwas falsch läuft.

So ist es mir also auch im letzten Monat einmal ergangen.

Ich bin tatsächlich kurz ausgerastet, was man sich eigentlich als guter Hundeerzieher nicht leisten sollte. Die Folgen musste ich dann auch ausbaden.

Balu S. musste wegen des Regenwetters und damit entsprechend schmutziger  Pfoten geduscht werden, bevor er mit mir ins Haus kam.

Normalerweise bleibt er auch ganz brav in der Dusche stehen und wartet, bis ich fertig bin.

Aus irgendeinem Grunde sprang er aber plötzlich während des Duschvorgangs aus der Dusche.

Da habe ich ihn kurzerhand wütend mit den Händen ins Fell gepackt und mit den Worten „Geh in die Dusche“ wieder unsanft hineinbefördert.

Er stand nun da wie ein Häufchen Unglück und ließ alles über sich ergehen. So eine Reaktion kennt er von mir überhaupt nicht.

Es tat mir auch sofort unheimlich leid, doch geschehen war geschehen.

Doch der nächste Tag zeigte, was ich wirklich angerichtet hatte.

Nach meinen Worten „geh in die Dusche“ duckte sich mein Sensibelchen verängstigt und flüchtete aus dem Raum.

Ja, da hatte ich meine Antwort auf meine Unbeherrschtheit.

Ich machte ihn an die Leine und zog ihn mehr oder weniger sanft in die Dusche und säuberte ihn. Denn das musste leider sein.

Die nächsten Tage verbrachte ich dann allerdings damit, ihm die Worte „geh in die Dusche“ wieder schmackhaft zu machen, indem ich ihm, wenn er nach meinem Kommando in die Dusche ging, dort seinen Futternapf gefüllt abstellte. Anfangs versuchte er wieder davon zu laufen. Doch ich ließ das Futter in der Dusche stehen, und der Hunger ließ ihn dann doch ganz vorsichtig hinpirschen und fressen.

Von Tag zu Tag klappte das Hineingehen besser und schneller, und nun klappt es wieder problemlos.

Man sieht, wie schnell man Fehler machen kann und wie schnell der Hund etwas negativ verknüpft. Besonders, wenn er noch so jung ist. Doch man kann es auch schnell wieder korrigieren, wenn man diese Ereignisse wieder positiv tönt. Die Arbeit muss man sich dann eben machen.


Hier mal ein Winterbild von uns. Balu ist jetzt 5 Mon. alt.


Abhärten

Dennoch muss der Hund natürlich auch lernen, mal stärkere Reize wegzustecken. Doch das natürlich in Massen. Wenn zu viele negative Reize und zu starke auf einmal kommen, kann ein sensibler Hund das nicht verkraften. Baut man das langsam auf, ist der Hund durchaus in der Lage, damit fertig zu werden. Man sieht das deutlich an Balus wachsendem Selbstbewusstsein, das sich u.a. auch in seinem Verbellen von Unbekanntem an unserem Grundstück und Haus zeigt.

Inzwischen kann Balu S. z.B. auch im Spiel mit anderen Hunden, die sehr grob spielen, mehr wegstecken. Ich habe diese Begegnungen in den ersten Wochen und Monaten vorsichtig dosiert, und dann konnte der Kleine das auch bewältigen. Das heißt, dass ich anfangs diese wilden, groben Spielhunde gemieden habe. Dann ließ ich sie mal für wenige Sprünge zusammen, und wenn ich merkte, es wurde Balu S. unheimlich, er also die Rute fast einkniff, dann ging ich mit ihm weiter und spielte mit ihm, um ihn wieder aufzubauen.

So wurde er langsam härter im Nehmen. Man kann jeden Hund abhärten, doch das geht eben bei einem zartbesaiteten Hund nur langsam in kleinen Portiönchen, die er verkraften kann!

Alles in Massen! Wie bei allem! Und besonders bei einem jungen Hund.

Inzwischen kann er selbst Angriffe, deren Ursachen er noch nicht versteht, ganz gut wegstecken. Als wir neulich unseren Nachbarn mit seiner Malamute Hündin „Momo“ trafen, begrüßten sich die beiden wie immer begeistert. Der freilaufende Rüde, der diesmal noch dabei war, ignorierte zuerst den jungen Burschen, der ihn begrüßen wollte und freudig neben ihm herlief. Doch als sich beide der Hundedame näherten, griff der große Rüde unseren kleinen Balu S. böse an und warf ihn zu Boden, weil ihm die Hundedame „gehörte“.

Balu S. schrie wie am Spieß und flüchtete dann die wenigen Meter in unseren Hof. Der Rüde lief noch ein Stück hinterher, doch als Balu S. weit genug von seiner Hundedame entfernt war, drehte er wieder ab.

Balu schluckte, das sah man deutlich, er war stark beeindruckt. Doch da ich alles ignorierte, mit den Besitzern bewusst ganz locker plauderte, - denn nichts verschlimmert einen solchen Vorfall mehr als wildes Geschrei der Menschen zusätzlich! - hielt er nun lediglich Abstand zu dem Rüden, verhielt sich aber nicht ängstlich.

Eine weitere Beißattacke musste er neulich wegstecken, als ihn ein verunsichertes 6 Monate altes Briardmädchen ohne ersichtlichen Grund angriff.

Trotz seines Geschreis, weil sie wie ein Haifisch immer wieder zuschnappte, obwohl er auf dem Rücken lag, ließ sie erst nach einer ganzen Weile von ihm ab. Er war sichtlich beeindruckt und flüchtete erst einmal aus ihrer Nähe. Einige Zeit traute er sich nicht mehr so recht an diese Hündin mit diesem merkwürdigen Verhalten heran.

Als sich diese ungerechtfertigte Attacke kurz darauf wiederholte, wies ich die kleine Hundedame energisch in die Schranken. Das musste ich noch zweimal wiederholen, dann hatte sie verstanden, dass das ein falscher Weg der Kommunikation ist.

Heute spielen die beiden Hunde zusammen, allerdings war Balu S. anfangs noch vorsichtig beim Umgang mit ihr.

Dass er immer selbstbewusster und älter wird, zeigt sich vielleicht auch darin, dass er, wie ich kürzlich zum ersten Mal beobachten konnte, an einer Wand ganz lässig leicht sein Bein zum Pieseln hob.

Zufall?

Mal sehen, ob es sich wiederholt.

(Anmerkung: bis zum Ende des Berichtes hat es sich nicht wiederholt!)

Rüden beginnen dieses Verhalten, wenn sie sich stark genug fühlen, der ganzen Welt mitzuteilen, wo sie wohnen und wer sie sind.

Ab und zu zeigen auch mal sehr selbstbewusste Hündinnen dieses Verhalten. Oft auch nur, wenn sie sich in der Hitze befinden.

Erziehung und Spiele

Erzieherisch und spielerisch haben wir unsere Kenntnisse etwas erweitert.

Bei unserem letzten Wäller Treffen hatten mir die Besitzer vom Wäller Bismarck erzählt, dass, wenn sie seine Kiste mit Spielzeug ausschütten,  er brav wieder alles einräumt.

Da unser Balu S. bisher nur ausräumt, wären die beiden eine gute Ergänzung zueinander, sagte ich.

Doch der Bericht hatte mich auf die Idee gebracht, ihm das Aufräumen beizubringen, besonders, da auch mein Mann in dieser Richtung schon mal Erziehung gewünscht hatte.

Denn manchmal sieht es mit dem überall herumliegenden Spielzeug bei uns wirklich aus wie bei „Hempels unterm Sofa“.

Erst einmal ließ ich Balu S. deshalb alles aufheben, was ich fallen ließ. Da er gerne apportiert, war das kein Problem. Dann gab ich das Kommando „Heb auf“ aber auch für Gegenstände, die schon am Boden lagen.

Ich fixierte diese mit den Augen, sodass er erkennen konnte, welches Teil ich meinte.

Dazu nenne ich es mit Namen und zeigte mit dem Arm darauf, denn das ist leichter für ihn.

Schon schnell hatte er mich verstanden und hob die Sachen gezielt auf.

Nun stellte ich die Kiste in den Raum und schüttete alles Spielzeug aus.

Ich schickte ihn zu jedem Teil, das so herumlag, ließ es ihn aufnehmen und lockte ihn dann zu der Kiste.

Wenn sich der Gegenstand über der Kiste befand, sagte ich „Aus“. Das Teil fiel in die Kiste und ein Leckerchen in sein Maul!

Fiel das Teil neben die Kiste, ließ ich es erneut aufnehmen.

Zuerst verstand er das nicht ganz und wurde sehr missmutig.

Wenn er mich nicht gleich versteht, was ich will, wird er schnell sauer. Das äußert sich darin, dasss er murrt, quietscht oder bellt. Dieses Verhalten kannte ich schon von seinem Ur-Onkel „Alpha vom Mount Palis“.

Ich weiß dann, dass ich zuviel verlangt habe und muss einen Schritt zurückstecken.

Nachdem er mehrere Teile hineingelegt hatte, schien er zu verstehen, was ich wollte, denn ich musste kaum noch nachhelfen.

Ein lustiges neues Spiel war entstanden! Wir werden es weiter üben...

Das „Aufhebe- und Bring-Spiel“ hatte ich allerdings schon vorher mit ihm gespielt. Ich finde es nämlich sehr praktisch, wenn er heruntergefallene Gegenstände aufheben und mir bringen kann, wie auch beim Reiten die Gerte usw.

Zum Üben benutze ich verschiedene Gegenstände, wie Zahnbürste,  Kugelschreiber, Dosen, Geldbeutel etc., alles, was mir so einfällt.

Balus S. ist dann immer begeistert dabei.

Wichtig ist, dass er die Gegenstände festhält, bis ich sie ihm abnehme.

Um ihm das beizubringen, habe ich zuerst mit einem weichen Spielzeug ein Zerrspiel gemacht und überlasse ihm dann, wenn er fest daran zieht, diese Beute. Mit den angespannten Händen in der Nähe dieser „Beute“ und Blick auf seine Augen fixiere ich ihn dann allerdings mit den unter Spannung gesprochenen Worten „Halt fest“ und greife dann immer wieder plötzlich nach der „Beute“ und lasse diese wieder los, wenn er gut festhält.

So lernt er, festzuhalten, denn wenn er es nicht tut, schnappe ich ihm die Beute weg.

Das klappt inzwischen schon recht gut, und man kann es bald auf das andere Spielzeug, bzw. andere Gegenstände übertragen.

 Auch das Suchspiel macht ihm viel Freude. Ich spiele zuerst mit einem bestimmten Spielzeug Bring- oder Zerrspiele, und dann lasse ich ihn in einem Raum des Hauses absitzen und verstecke genau dieses Spielzeug in einem anderen Raum

Dann gehe ich zu ihm zurück und schicke ihn mit dem Kommando „Such verloren“ los.

Es ist interessant, ihn dabei zu beobachten und anzufeuern, bis er es gefunden hat.

Man merkt, wie anders die Gerüche erschnuppert werden, als wenn wir mit den Augen suchen gehen.

Da Suchen für den Hund sehr anstrengend ist, kann man den Kleinen auf diese Weise auch mal schnell müde machen, wenn nicht soviel Zeit für einen Spaziergang da ist.

Der Winter geht.....

Nun ist erst mal unsere „Eiszeit“ zu Ende. Der Schnee ist fast verschwunden.

Als ich eines Morgens beim Frühstück bin, kommt ein pitschnass-triefender Hund zu mir gelaufen.

Eine dicke Wasserspur folgt ihm durch die ganze Wohnung.

Ach du meine Güte!

Wo ist das Handtuch!

Ich kann nur erahnen, was passiert ist. Wir haben einen kleinen Teich im Garten, der ja die letzte Zeit aufgrund der tiefen Temperaturen ganz zugefroren war. Vermutlich ist Balu S. darüber spaziert, und das Eis hat nicht mehr gehalten, oder es war fast keins mehr da und da hing er dann kopfüber im Wasser. Wer weiß? Aber genauso nass sah er aus.

Er fand das alles nur lustig!

Wie gut, dass dieser Hund so pflegeleicht ist!

Ein paar Tage später, als ich im Hause war und er wieder mit nassen Pfoten zu mir kam,  wollte ich dann nachvollziehen, was er da draußen so tat.

Ich ging mit ihm in den Garten, und er zeigte es mir.

Ganz stolz spazierte er auf der noch vorhandenen großen Eissscholle im Teich herum und pflückte von dort alle erreichbaren Pflanzen, auch die, die unter dem Wasser wuchsen!

Tauchen schien ihm auch zu gefallen.

Aufgrund seines Gewichtes sank die schwimmende Scholle am Ende um einiges tiefer ein, und er stand mit seinen Beinen ganz im Wasser. Doch er balancierte sich gut aus.

Es sah zu lustig aus, wie er sich als Surfer betätigte.

Doch das nur Dastehen ist ja zu langweilig. Also versuchte er, von der Scholle aus die Rohrkolben, die im Teich wachsen, abzureißen.

Einmal beugte er sich dann zu weit vor, -es musste ja so kommen..... und schwupps, rutschte er von der Scholle ins eiskalte Wasser.

Blubb, blubb, weg war er. Fast jedenfalls, seinen Kopf hielt er krampfhaft nach oben.

Er schwamm schnell an Land, schüttelte sich kurz und sauste um den Teich herum, um zu schauen, wie er am besten auf die Scholle kommen konnte, um das Ganze zu wiederholen.

Doch nun war er so aufgedreht, dass er mit einem wilden Satz vom Land aus auf die fast in der Mitte schwimmende Scholle sprang. Diesem Ansturm hielt das Eisstück aber nicht stand, und   es zerbrach in mehrere große Stücke, und mein Hündchen versank ein weiteres Mal im Wasser.

Ich versuchte dieses Schauspiel mit meiner Kamera einzufangen, leider kam ich zu spät. Dann warf ich meinen Schwimmball auf den Rest der Scholle. Er versuchte mit seinen Pfoten vom Land aus, diesen zu erangeln, doch dann sauste er um den Teich an die Stelle, an der die Eissscholle mündete und kletterte dort wieder auf die Scholle, um stolz seine Beute zu holen.

Doch nachdem die Scholle sich dann in immer kleinere Stücke aufgelöst hatte, bekam er immer mehr Probleme, auf diesen Restteilen stehen zu bleiben, da sie unter seinem Gewicht nun teilweise untergingen.

Nun, wasserscheu war er absolut nicht, das zeigte dieses Erlebnis.

Doch nach diesen Bädern war er bis auf die Haut nass, und es brauchte etwas länger, bis er wieder ganz trocken war. Ich ließ ihn mehrfach Stöckchen apportieren, damit er sich warm und trocken laufen konnte. Das ist besser als nur Trockenrubbeln.

Auch wenn ich mit dem Pferd unterwegs bin und ich an Pfützen vorbeikomme, dann kann mein Begleiter Balu S. keine auslassen. Mit wilden Sprüngen, dass es nur so spritzt, begrüßt er jedes willkommene Nass.

Selbst mein Pferd Pedro hat schnell gelernt, dass Pfützen, durch die Balu S. hindurchgestiebt ist, ganz sicher begehbar sind.

Vorher war er immer vorsichtig, bevor er durch ein Wasserloch hindurchging, jetzt geht er sofort hindurch, wenn Balu S. sie vor ihm passiert hat.

Ja, und dann ist neulich noch etwas Merkwürdiges passiert.

Eines Nachts sitze ich kerzengrade im Bett. Mein Hund heult in den schönsten Tönen ein Lied.

Ich kann nichts hören, was ihn dazu angeregt haben könnte. Keine Sirene, kein Rettungswagen... Ob ein Traum der Auslöser war?

Es war absolut unerklärlich für mich.

Bisher konnte ich Balu S. noch nicht zum Mitheulen bewegen, wenn ich es aus Spaß mal tat. Er wird dann immer ganz wild, versucht, mich zu kneifen und springt mir ins Gesicht.

Aber Mitheulen mag er nicht.

Vielleicht lernt er es ja doch noch. Nun weiß ich jedenfalls, dass er es kann.

Allerdings sollte es nicht unbedingt wieder um 2 Uhr nachts wiederholt werden.

Nun ist bereits wieder ein Monat vergangen, und unser Kleiner ist jetzt bereits 6 Monate alt geworden.

Das Messband zeigte nach dreimaliger Messung exakt immer wieder 55,5 cm Rückenhöhe.

Eindeutig wird Balu S. also kein Riese!

Voraussichtlich wird er eine Endgröße von 62 cm erreichen.

Sein Gewicht liegt bei  28,5 kg, allerdings ist er immer noch etwas zu mollig. Abspecken ist doch nicht so einfach wie Zunehmen.

Aber das Problem kennen die etwas beleibteren Menschen ja auch zur Genüge.

Geben wir ihm (und mir!) noch etwas Zeit....

Bis zum nächsten Bericht

Ihre Karin mit Balu Schröder

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